Styropor-Drama: Umweltpolitische Ziele ersticken wortwörtlich im Müll!
Aktuell gibt es bundesweit ein Styropor-Entsorgungs-Drama. Baustellen stehen still. Dachdecker und Fassaden-Sanierer sitzen auf Styropor-Abfall-Bergen; Angst vor Auftragsverlust und Stellenabbau geht um. Und was ist mit den Umweltzielen??? Wenn alte Dämmstoffe von Dach und Fassaden garnicht oder nur zu immensen Kosten entsorgt werden können, werden energetische Sanierungen kaum noch durchgeführt werden können. Umweltpolitische Ziele ersticken dann wortwörtlich in Müll!
Seit Jahren wird EUweit darüber diskutiert, was Sonderabfall sein soll und was nicht. Seit mindestens 2013 dürften der Handwerks- sowie der Abfall-Entsorgungs-Branche bekannt sein, dass EPS (Styropor) mit dem Flammschutzmittel HBCD zukünftig als Sondermüll gelten soll. In Deutschland ab 1.10.2016. Eine Entsorgung dessen ist aktuell fast unmöglich. Am 15. Dezember tagt der Bundestag u.a. dazu.
Kein Dachdecker dachte VORHER an die Entsorgungs-Problematik
Von all dem ahnte ich als Privatperson und Kunde nichts! Keiner der 7 Dachdecker-Betriebe, die mir im 1. Halbjahr 2016 Angebote zur energetischen Dachsanierung vorgelegt haben, erwähnte das EPS-Entsorgungsproblem. Keiner. Jeder bot Bauschutt-Container an; dachte dabei an die Extrakosten für Bitumen-Abfall; aber an Styropor-Entsorgungs-Kosten? Die waren kein Thema.
Ende September stand gerade das Gerüst, die Aufbauer waren noch nicht vom Hof gefahren, da rief mein Dachdecker mich an. „Wir haben ein UNERWARTETES Problem. Wir werden die alte Dämmung nicht los. Wegen einer Gesetzesänderung wird EPS von KEINEM Entsorger mehr angekommen. Wir müssen unseren Termin verschieben! Das hat uns der Dachdeckerverband empfohlen.“
„Bitte was? Den dringend notwendigen Dachsanierungstermin verschieben? Wegen Abfall? Das geht nicht!“ Ich antworte ihm, dass es eine Lösung geben muss, da ja EUweit unzählige Betriebe und ihre Kunden betroffen sind. Und vor allem: Mein Dach hat Leckagen! Es muss vor Wintereinbruch saniert werden. Die KfW-Fördermittel dafür sind bewilligt und kosten mich bald Geld.
Der Dachdecker musste loslegen. Bei mir liegen seitdem Styropor-Abfälle auf dem Parkplatz – und werden bis zur politischen Lösung dort bleiben. Die sind jetzt natürlich säuberlich in Säcken verpackt.
Einige wenige Entsorger machen jetzt den Reibach.
Aktuell nimmt nur 1 Entsorger in Schlewig-Holstein die EPS-Dämmstoffe an. Dieser nimmt 180 EUR / pro Kubikmeter. Wären bei mir rund 2.000 EUR!!!! Zweitausend! Für etwas, was bisher Hausmüll war. Auf meinem Dach war nur eine 6cm dicke Dämmung – Aber wie soll es Hauseigentümern gehen, die vor Jahren schon mal die Fassade 20 cm dick dämmten und diese bald erneut sanieren müssen? Wieviele Altbauten gibt es in Deutschland davon?
Bestehende und geplante Förderprogramme werden in Müll ersticken!
Was soll das neu geplante Programm „Effizienzhaus Nature+“? Was nutzen die bestehenden KfW-Förderprogramme? Deren Sinn und Zweck ist das Fördern von energetischen Sanierungen von Wohngebäuden. Dies mit den Zielen, Umweltressourcen zu schonen und den Energieverbrauch zu senken. Doch niedrige Kfw-Zinsen und einmalige Zuschüsse nutzen dem Verbraucher nichts, wenn er hohe zusätzliche Entsorgungskosten für alte Dämmungen zahlen soll.
Im Zweifel werden Hauseigentümer schlichtweg KEINE energetische Sanierung vornehmen.
Fehlt der Politik der Weitblick?
Einige Bundesländer nahmen bereits die betreffende Verordnung zurück oder erteilten Sondergenehmigungen. Doch vor allem in nördlichen Bundesländern stehen ganze Branchen fast still und Lösungen werden nicht angeboten. Werden die Zusammenhänge nicht erkannt?
Tipp: Ein HBCD-Test vorweg?
Bevor teuer entsorgt wird, kann eine Röntgenfluoreszenzanalyse zwecks Testung von EPS / Styropor auf bromhaltiges HBCD durchgeführt werden. Das kostet beim Fraunhofer Institut wohl um die 500 EUR bei Firma Fischer aber nur 95,- EUR für 2 Materialproben in Postkartengrößen; Dauer: nach Posteingang 48 Std. Das Zertifikat wird von den Entsorgern anerkannt.
Aktuelle Meldung aus Kiel:
Auf meine Beschwerde mit o.g. Argumentation (Absatz mit der Überschrift „Bestehende und geplante Förderprogramme werden in Müll ersticken!“) habe ich heute offizielle Anwort vom Umweltministerium bekommen.
Textauszug: … „Immer noch nehmen zu wenige Abfallentsorgungsanlagen die entsprechenden Abfälle an und die Kosten sind deutlich zu hoch.
Aus diesem Grund hat sich der Bundesrat erneut mit der Thematik beschäftigt und am letzten Freitag der Bundesregierung durch einen Beschluss vorgeschlagen, die Rechtslage befristet für ein Jahr zu korrigieren. Die entsprechende Verordnung wurde heute vom Bundeskabinett beschlossen, muss aber noch verkündet werden (kann ggf. noch in diesem Jahr erfolgen). Ich habe Ihnen in diesem Zusammenhang zwei Pressemeldungen angehängt.“
Anlagen:
Schriftstück von Minister Dr. Habeck dazu:
https://www.sbraun-speck.de/wp-content/uploads/2016/12/20161219-SHZ-Abwallwirtschaft-Teurer-Giftmüll-an-der-.pdf
Presse-Info aus Berlin (Kabinettsbeschluss):
https://www.sbraun-speck.de/wp-content/uploads/2016/12/styropor_20161221_Kabinettsbeschluss_Presseinfo-1.pdf
Jüngster Preis: 40,- € pro Kubik – das will ich mmer noch nicht zahlen. Vor dem 1.10. war das quasi umsonst.