Wie im römischen Reich? WasserTransfer-Strecken gegen Klimafolgen

Im Osten Deutschlands herrscht Regen- und Wassermangel, während im Südwesten Starkregen und Überschwemmungen immer wieder das Bild prägen. Beide Probleme werden auf den Klimawandel zurückgeführt, genauso wie der Verlust von Land an den Meeresküsten. Was machen wir, wenn der Klimawandel nicht aufgehalten werden kann?

Was wäre, wenn die Herausforderungen zusammen gedacht und ganzheitlich angegangen werden? Könnte eine WasserTransfer-Strecke helfen? Ein AquaLink, HydroNetz oder wie auch immer so ein Projekt heißen könnte? Ein Ostsee-Zwilling entstehen? (ein Essay von SBS, auch erschienen auf der BNE-digital.de)

Trockenheit gefährdet die Vision einer Seenlandschaft im Osten

Der Artikel “Zu wenig Wasser zum Fluten” in der Tagesschau vom 21. Juni 2024 beleuchtet die zunehmende Wasserknappheit für die Flutung ehemaliger Kohletagebaue in Regionen wie der Lausitz östlich von Berlin und südlich von Cottbus, sowie rund um Leipzig und im Rheinland. Diese Wasserknappheit erschwert besonders die Transformationsprojekte, bei denen aus früheren Tagebauen Seen entstehen sollen. Der Mangel an Wasser verzögert diese Prozesse erheblich und bringt die Notwendigkeit von Lösungen zur Sicherung der Wasserverfügbarkeit für diese Projekte deutlich zum Vorschein.

Eine Ebene voller gefluteter Tagebaulöcher: Seen, die aus der Luft wie Perlen schimmern, im Sommer zum Baden einladen, Touristen anziehen und Natur bieten – dort, wo einst der Braunkohleabbau wütete. Das ist der Traum von den Menschen und Politik. Doch die Trockenheit in dieser Region in den vergangenen Jahren stellt die Planungen infrage. Experten und Politiker warnen vor Wasserknappheit, ist auch im Beitrag vom MDR “Platzt der Traum vom Seenparadies?” zu lesen.


Gleichzeitig plagen den Südwesten Deutschland häufige Überschwemmungen durch Starkregen

Vor Kurzem sorgte Starkregen erneut für Hochwasser und überflutete Straßen, Häuser und mehr. Auch hier wird der Klimawandel als Hauptursache gesehen, doch die eigentlichen Probleme entstehen durch den Verlust von 80% der Flussauen, Flussbegradigungen, das Entwässern von Feuchtgebieten, Bodenverdichtungen und insbesondere durch die Versiegelung von städtischen Gebieten. Das Regenwasser kann nicht mehr versickern und fließt stattdessen oberirdisch ab, was zu den Überflutungen führt, war hier auf der Website zu lesen.

Das macht den Menschen natürlich Angst, denn sie und ihr Lebensumfeld, ihr Hab und Gut, alles wofür sie ihr Leben lang gearbeitet haben, ist in Gefahr. Auch untergraben die häufigen Starkregenfälle nebst Überschwemmungen die Bemühungen um die Modernisierung der Infrastruktur – wie lohnt sich unter solchen Umständen die Sanierung und der Neubau von Straßen und Brücken? Wenn absehbar ist, dass die nächste Katastrophe definitiv kommen wird?


Steigender Meeresspiegel sorgt für Landverlust an den Meeresküsten

Die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen verursachen das Abschmelzen von Gletschern und Eisschilden in Grönland und der Antarktis, wodurch zusätzliches Wasser in die Ozeane gelangt. Zudem dehnt sich Meerwasser aus, wenn es wärmer wird, was als thermische Ausdehnung bekannt ist. Der steigende Meeresspiegel führt dazu, dass Land an den Küsten verloren geht, weil das Wasser höher auf das Land trifft und es überflutet.

Dies kann zu Erosion, dem Verlust von Lebensräumen und der Versalzung von Süßwasserquellen führen, wodurch die natürlichen und menschlichen Küstenökosysteme gefährdet werden. Regelrechte Horrorszenarien werden dazu skizziert – Zahlen sprechen dafür!


Die Kombination der Szenarien – Wassermangel im Osten, Überschwemmungen im Südwesten, steigender Meeresspiegel – wirft die Frage auf: Wie sieht unsere Welt aus, wenn wir den Klimawandel nicht aufhalten können?

Was passiert, wenn alle Probleme zusammen gedacht werden? Es wäre eine ganzheitliche Stadtentwicklung und Landschaftsgestaltung notwendig – quer durchs Land geplant. So ein ganzheitlicher Ansatz könnte dazu beitragen, sowohl die Wasserknappheit zu mildern als auch die Überschwemmungsproblematik zu bewältigen. Innovative Wassermanagement-Lösungen und eine bessere Vernetzung der Wasserwirtschaft könnten also einer der Schlüssel sein, um die Herausforderungen des Klimawandels effektiv zu meistern.

Doch wie könnte sowas aussehen?

Könnte Regenwasser aus den Überschwemmungsgebieten im Süden in den trockenen Nordosten gebracht werden und dort die alten Tagebauseen füllen? Wäre es zudem möglich, Meerwasser aus den Küstenregionen ins Innenland zu bringen, um Landverlust zu vermeiden?

Vision: eine WasserTransfer-Strecke endet im Ostsee-Zwilling im Kohlebau-Gebiet

So eine WasserTransfer-Strecke, vielleicht AquaLink, HydroNetz oder ähnlich genannt, würde einerseits von der Nordsee in den trockenen Osten führen, andererseits aus dem Südwesten in den Osten. Das sind rund 1.400 km Strecke. Dann gäbe es in ehemaligen Kohlebau-Regionen sogar Süß- und Salzwasser-Seen oder: das Wasser wird gemischt, und die bisher einmalige Ostsee (Brackwasser, ein Süß-Salzwassergemisch) bekäme einen Zwilling – einen künstlichen.

Wie wäre es, wenn dadurch eine ungerade natürlich anmutende Flusslandschaft entstehen würde, mit vielzähligen Flussauen, die wie ein Schwamm auch noch ganz viel Wasser aufnehmen könnten? Es würden auch Sumpflandschaften entstehen, möglicherweise Moore wieder bewässert werden können. In dieser neuen Landschaft würde eine besondere Flora und Fauna wachsen, Vögel und andere Tiere eine Heimat finden. Und wir hätten dem Klimawandel erfolgreich getrotzt und eine Lösung gefunden.

Wäre das ein Wahnsinns-Projekt oder machbar? Welche negativen Folgen hätte es?


Ähnliche Projekte und Ansätze gibt es auf jeden Fall bereits:

Fränkisches Seenland in Bayern, Deutschland: In den 1980er Jahren realisierte der Freistaat Bayern das Fränkische Seenland, ein gigantisches Bauprojekt, um den trockenen Norden mit Wasser aus dem wasserreichen Süden zu versorgen. Das System erstreckt sich von Kelheim an der Donau bis nach Nürnberg und darüber hinaus nach Nordwesten bis zum Main. Es besteht aus zwei Teilen: Über den Main-Donau-Kanal wird Wasser aus der Donau nach Norden transportiert. Wenn die Donau nicht genügend Wasser führt, kommt ein zweites Überleitungssystem zum Einsatz, das Wasser aus dem Altmühlsee in den Brombachsee leitet (Quelle: BR)

Chinas Süd-Nord-Wasserumleitungsprojekt: In China wurde das Süd-Nord-Wasserumleitungsprojekt umgesetzt, bei dem mehr als 60 Milliarden Kubikmeter Wasser aus den großen Flüssen im Süden in den dürregefährdeten Norden umgeleitet wurden  ( Quelle: German.China.org)

Rom (Italien), Frankreich, Portugal – schon vor Christi Geburt gab es Wassertransferleitungen! Die Wasserversorgung im Römischen Reich war eine bemerkenswerte Ingenieurleistung, die maßgeblich zur Hygiene und zum Wohlstand der römischen Städte beitrug. Die Römer entwickelten ein ausgeklügeltes System von Wasserleitungen, die oft über lange Strecken Wasser in städtische Gebiete transportierten. Diese Wasserleitungen sind als Aquädukte bekannt, bei der das Wasser in offenen oder abgedeckten Kanälen über eine oft mehrgeschossige Bogenbrücke in natürlichem Gefälle dem Ziel zugeleitet wird.

Aquädukte waren die Hauptstruktur, die genutzt wurden, um Wasser von den Quellen zu den Städten zu transportieren – bis zu hunderte Kilometer weit. Das Wasserversorgungssystem bestand aus einer Kombination oberirdischer Brücken, unterirdischen Kanälen und Bleirohrleitungen. Bekannte Beispiele für Aquädukte sind der Pont du Gard in Frankreich (Foto) und der Aqua Appia, der älteste römische Aquädukt in Rom.